Jeden Tag ein paar Wörter reaktivieren – nicht aufgeben!
Häufig kommt es vor, dass man als pflegender Angehöriger das Gefühl hat, mit dem Vater oder der Mutter zu stagnieren. Er erzählt zwar etwas, aber es geht immer wieder um „den Kaffee, den er irgend wo versteckt hat“, wie in dem Film „Sommer vor dem Balkon“ halb scherzhaft zu bestaunen ist. Sie sollten sich klar machen, dass das Hirn in jedem Alter in der Lage ist, neue Verbindungen zu knüpfen. Das heißt, dass auch andere Sätze als der „Kaffeesatz“ möglich sind. Wenn Sie sich die Zeit nehmen, mit Ihrem Angehörigen jeden Tag ein paar Wörter ganz bewusst zu reaktivieren, kann sich das auszahlen.
Altes und Neues – das Hirn kann viel
Sie können Ihrem Vater einen Artikel vorlesen und es nicht dabei belassen, sondern aktiv mit ihm diskutieren. Wie fandest du das, was sagst du zu x? Wenn noch genug im Hirn vorhanden ist, kommt sogar eine rege Diskussion auf. So wird das Gehirn in Gang gebracht bzw. gehalten, ganz anders, als wenn ein Mensch nur vor dem Fernsehen den Tag mit „Konsum“ verbringt. Auch ist es sinnvoll und fair, den alten Menschen nicht aufzugeben, ihn im Grunde wie einen Trottel zu behandeln. Das ist er nicht, und wenn Sie mit ihm sprechen, werden Sie merken, dass ein Schatz darauf wartet, gehoben zu werden: Erinnerungen, Assoziationen, Freude über vergangene Erlebnisse. Das ist doch sehr viel!
A walk in the park
Auch ein noch so kurzer Gang durch den Park mit dem Angehörigen kann Anlass für einen Austausch sein. „Was tun die Leute da wohl, spielen sie Schach? Komm, lass uns mal hingehen“. Das ist allemal besser , als jeden Tag stumm die gleiche Runde zu drehen. Ein geistiger Abbau kann übrigens schon sehr früh einsetzen – oder eben verhindert werden. Wer mit Menschen jeder Altersgruppe im Kontakt steht, rostet nicht so schnell ein. Etwas schriftlich fest zu halten, qua Notizen oder Tagebuch, kann ebenfalls dazu führen, dass die geistigen Kräfte lange erhalten bleiben. Wenn das nicht gewünscht ist, bitten Sie Ihren Vater doch darum, Ihnen genau zu erzählen, was er gestern gemacht hat. Haken Sie nach. Was gab es zu Mittag, wie hat es ihm geschmeckt? Mit „gut“ geben Sie sich nicht zufrieden. fragen Sie nach. Das Hirn ist wie jeder andere Teil des Körpers auch: Use it or lose it lautet die Devise. Marianne Koch ist gerade 90 geworden – geistig top-fit!